Auf nach Huaraz, ungefähr 450 Kilometer nördlich von Lima! Huaraz wird gerne auch das Himalaya von Südamerika genannt. Und diese Beschreibung ist auch wahrlich keine Untertreibung, denn die Cordillera Blanca (übersetzt: die weiße Gebirgskette) ist mit 22 schneebedeckten Bergen die jeweils mehr als 6.000 Metern hoch sind beeindruckend. Die Gebirgskette zieht sich durch das nördliche Zentralperu und ist ein wahres Mekka für alle Abenteurer. Auf hin da!
Nach acht Stunden Busfahrt (€14 / p.P. mit Oltursa) erreichen wir Huaraz in der Ancash Region. Der Ort liegt auf 3.050m Höhe, immer im Blick: Der mächtige Huascarán, der höchste Berg Perus mit 6.768 Metern. Doch diesen sehen wir erst streng genommen erst am nächsten Tag, denn wir kommen erst abends um 22 Uhr am Busterminal an und gehen samt Gepäck zu unserer Unterkunft. Das Casa de Ana ein einfaches B&B Hostel mit Gemeinschaftsbad und Küche. Frühstück wird im obersten Stockwerk serviert, hier ist auch gleichzeitig der Aufenthaltsraum.
Während wir frühstücken schnacken wir mit den anderen Hostel Gästen über mögliche Wanderungen in der Umgebung. Und plötzlich ergibt es sich, dass wir alle gemeinsam losziehen! Eine Akklimatisierungstour. Zusammen mit: Virginia und Carlos aus Barcelona, Miriam aus Tel Aviv, Juliette aus Brüssel und Cynthia aus Peking. Ziel des heutigen Tages ist die Laguna Radian. Zum Akklimatisieren, sprich zum Anpassen der Höhe auf der wir uns hier bewegen ist diese Tour sehr gut geeignet und soll auch nicht so überlaufen sein wie der bekannte Wilcacocha Trail.
Wie verhält es sich mit der Atem- und Höhenkrankheit?
Jenseits von 2500 Metern ist die zur Verfügung stehende Luft spürbar dünner und die ersten Symptome der Höhenkrankheit können auftreten. Dies wären in erster Linie: Kopfschmerz, Übelkeit, Benommenheit und Trägheit. Die schwere und Häufigkeit nimmt dann mit jedem weiteren Höhenmeter zu und die Wahrscheinlichkeit, dass man diese Symptome spürt und natürlich auch ihre Intensität steigt. Keine Überraschung ist es auch, wenn man (nachts) im Bett liegt und plötzlich unter Kopfschmerz und Atemknappheit liegt. Das kann durchaus passieren – Keine Panik!
Die Höhenkrankheit hat drei Formen:
AMS – Die Höhenkrankheit wird als akute Bergkrankheit (acute mountain sickness) bezeichnet und ist einem Kater sehr ähnlich. Die Symptome treten meist 6 bis 12 Stunden nach dem Aufstieg in große Höhen auf. AMS ist auch die wahrscheinlichste von diesen drei Varianten. Schwere Formen der Höhenkrankheit sind mit konsequenter Höhentaktik absolut vermeidbar.
HAPE – Eine gefährliche Ansammlung von Flüssigkeit in der Lunge, die verhindert, dass sich die Lufträume bei jedem Atemzug öffnen und mit frischer Luft füllen. HAPE innerhalb weniger Stunden tödlich sein.
HACE – Eine Ansammlung von Flüssigkeit im Gehirn. HACE ((high altitude cerebral edema) ist lebensbedrohlich und erfordert dringend Maßnahmen.
Die goldenen Regeln!
Wenn Du Dich unwohl fühlst, hast Du Höhenkrankheit, bis das Gegenteil bewiesen ist (vorausgesetzt Du befindest Dich oberhalb von 2500m)
Steige nicht weiter bergauf und erhole Dich
Wenn es Dir schlechter geht, steig sofort ab und dies auch nicht alleine! Suche Unterstützung!
Laguna Radian
Kurz zur Erinnerung. Huaraz liegt auf 3.050 m. Der höchste Berg Deutschlands, die Zugspitze, liegt auf 2.960 m. Und wir bewegen uns erst jetzt bergauf und das Geheimnis ist: langsam. Mal abgesehen davon, dass uns ganz bestimmt nicht nach laufen zu Mute ist macht es uns Mut, dass andere aus der Gruppe, die schon ein/zwei Tage länger hier sind immer noch mit der Höhe und der damit spürbar knappen Luft kämpfen. Wir haben ja Zeit und müssen uns auch nicht hetzen. Mit unserer kleinen Hostel-Wander-Gruppe haben wir auch wirklich sehr sympathische Wegbegleiter gefunden und es ist schön andere Erfahrungen zu hören, speziell hier in der Gegend von Huaraz!
Mit dem Collectivo fahren wir zum äußeren Zentrum von Huaraz: Paria Willkawain. Von hier aus laufen wir auf „gerölligem“ Weg durch die tolle Landschaft. Immer im Blick der mächtige Huascarán und die Cordillera Blanca. Die Radian-Lagune ist ein natürliches Süßwasserreservoir und liegt ca. auf 3.750 m. Es gibt zwei Aussichtsplattformen die ein tolles 360° Panorama ermöglichen. An der Lagune angekommen ist es Zeit für einen kleinen Snackbevor es den selben Weg wieder zurück geht.
Eine tolle Halbtagswanderung. Um 17 Uhr sind wir wieder am Hostel angekommen. Etwas träge machen wir uns wieder auf den Weg zur Wäscherei und zum Mercado Central um Obst und Gemüse für unser Abendessen zu kaufen.
Laguna Radian
Pastoruri-Gletscher
Der nächste Tag in Huaraz. Zum Glück bleiben wir bisher von der Höhenkrankheit verschont. Keine Kopfschmerzen und ruhige Nächte. Zahlt sich unsere bisherige Route in gewissen Höhen aus? Zeit für eine geführte Tour zum – sich leider schnell zurückziehenden – Gletscher namens Pastoruri. Dieser liegt auf sagenhaften 5.250 m. Uff! Und da wollen wir nun hin? Okay, aber nur mit einer Tour! In unserem Hostel bietet der Mann von Ana Touren an und gibt uns die Empfehlung für diese Tour. Gesagt getan. Gestern Abend gebucht – heute 8:30 Uhr geht es auch schon los. Der Start ist etwas chaotisch, aber typisch für das liebevolle Land Peru. Etwas später als gedacht erreichen wir den Bus, der uns dann zum Gletscher fährt.
Zunächst machen wir Halt für eine Portion Coca Tee. Wer mag, kann auch gleich das Mittagessen vorbestellen. Wir verzichten dankend. Der Guide erklärt uns routiniert auf über die Gegend, die Höhe und das es hier Vicuña , Kondore und Pumas gibt. Zweiter Halt der mittlerweile sehr touristisch anmutenden Tour ist der Patococha See. Charakteristisch für diesen See ist die sprudelnde Mineralquelle, daher wird er gerne auch der 7-Farben See genannt. Ein weiteres Highlight fällt aber sofort auf: Puya Raimondi – oder auch Riesenbromelien. Riesig ist das Schlüsselwort, denn diese Pflanzen können bis zu 12m hoch wachsen und über 100 Jahre alt werden. Sie blühen nur einmal in ihrem Leben für mehrere Monate und sterben danach ab. Hier im Nationalpark Huascarán gibt es noch ganze Puya Raymundi Wälder. Die meisten die wir hier sehen sind noch sehr klein und erst ca. 30-40 Jahre alt.
Weiter geht’s durch die Pumapampa. Grasland umgeben von den hohen Bergen. Endlich kommen wir zu dem Ort weswegen wir eigentlich in diesen Bus geklettert sind. Der Pastoruri Gletscher! Wir halten auf einem Parkplatz. Hier befinden sich ein paar sanitäre Anlagen und Baracken die Essen und Getränke anbieten. Das Gute ist, dass wir nicht mit der Gruppe gehen müssen. Jeder kann nun tun was er möchte, wir sollen nur zur festgelegten Zeit wieder am Bus sein. Okay! Dann mal auf auf ihr Bergziegen…
Der Weg zum Gletscher ist gut ausgebaut und leicht zu bewandern. Für unseren Geschmack etwas zu leicht, mal ganz abgesehen von der Höhe und der leichten Atemnot. Nach 40 Minuten erreichen wir das Hochplateau. Hier erwartet uns eine surreale Welt. Umgeben von einem kleinen Gletschersee mit kristallklaren Wasser sehen wir den großen Gletscher. Überwältigend und mächtig in den Farben, grau, weiß und blau, denn ab und zu blitzt das Gletschereis durch. Es gibt auch eine Aussichtsplattform, aber wir haben einen ruhigeren Platz am Ufer des Gletschersees gefunden, der beeindruckend genug war. Etwas weiter unterhalb setzen wir uns recht einsam auf die Steine, erholen uns ein wenig und genießen diese sagenhafte Natur!
Insgesamt ist dies wohl die einfachste Möglichkeit einen 5.000er zu bewandern. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, wenn wir bisschen mehr Zeit oben am Gletscher für uns zur Verfügung hätten. Zu schön war der Ausblick und abseits der Mengen hat man auch seine Ruhe! Für alle, denen der Weg zu anstrengend ist, gibt es eine „lazy“ Variante: Einheimische bieten die Rücken ihrer Pferde den Touristen an um diese zum Gletscher zu bringen. Für die Einheimischen ist dies eine gute Gelegenheit ein paar Soles zu verdienen. Allerdings war der Anblick manchmal bisschen skurril. Da sitzen junge Leute auf den Pferden, ausgestattet mit großem Kopfhörer und den Blick auf das Smartphone gesenkt und nehmen kaum Notiz von der wahnsinnig schönen Umgebung. Verrückte Welt…
Zur verabredeten Zeit sind wir wieder am Bus zurück. Allerdings nehmen es nicht alle so genau, so dass wir warten müssen. Es stellt sich für uns leider mal wieder heraus, dass geführte Touren nicht so ganz unser Ding sind. Zu groß die Gruppen, die Guides möchten schnell durch die Programmpunkte und am Ende wartet man wieder auf irgendwelche Trödel-Menschen. Am Abend kommen wir gegen halb sechs in Huaraz an und schnacken mit den Spaniern und genießen unsere Kohlenhydrate-Bombe in Form von Pasta mit Tomaten und Möhrchen.
Pastoruri-Gletscher, Huaraz
Laguna Churup
Heute ziehen wir wieder auf eigene Faust los. Nach dem Frühstück gehen wir in die Innenstadt zu einer bestimmten Ecke wo die Collectivos nach Pitek abfahren. Am besten erkundigst Du Dich bei Deinem Hostel! Ein Wägelchen steht dort schon und wir steigen ein. Diese Minivans des öffentlichen Nahverkehrs fahren erst los, wenn mindestens 10 Personen drin sitzen. Wir müssen warten, aber nur kurz. Nach 10 Minuten sind wir komplett und zuckeln los. Obwohl auf dem Weg kaum jemand aussteigt, steigen immer mehr Leute ein. Männer, Frauen, Kinder. Irgendwo findet sich immer noch ein Plätzchen.
In Pitek angekommen tragen wir uns beim Ranger ein und starten unsere Wanderung zum Churup See. Beachte, dass Du für den Nationalpark ein entsprechendes Ticket benötigst und Du kannst es auch direkt beim Ranger kaufen (Tagesticket 30 Soles). Bei strahlendem Sonnenschein ziehen wir los, es geht über Stock und Stein wobei die Steine (und das Geröll) anfangs überwiegen. Zur linken erkennen wir das 20 Kilometer entfernt liegende Huaraz. Die Landschaft um uns herum ist fantastisch! Irgendwann beginnt die felsige Strecke. Davon haben uns Virginia und Carlos aus dem Hostel schon erzählt. Jetzt müssen wir uns sogar mit Hilfe von Seilen an der Felswand hochziehen! Toll! Endlich wieder kraxeln!!!
Ab dem Startpunkt Pitek (3850 über NN) bis zur Lagune erklimmen wir etwa 600 Höhenmeter. Das merken wir. Das Atmen fällt schwer, wenn es bergauf geht und wir bewegen uns noch langsamer als in Huaraz. Nach einem kleinen Wasserfall gibt es noch eine weitere Kletterpartie. Irgendwann meinen wir uns verlaufen zu haben, denn um uns herum sind nur schroffe Steine, doch wir sind richtig. Dem Gebirgssee nähern wir uns nicht vom Aussichtspunkt aus, der ein atemberaubendes Panorama bietet, sondern haben eine andere Route gewählt und beschlossen den Panoramablick für den Rückweg aufzusparen. Unsere Route hat uns mit einer gut ausgebauten Seilsicherung durch eine neun Meter hohe Felswand zur Lagune der Gletscher geführt. Plötzlich sind wir da! Im Hintergrund glitzert der Gletscher „Nevada Churup“ mit seinen 5.400 Metern deutlich vor uns. Was für ein epischer Anblick! Das klare Wasser, die schroffen Berge, der strahlend blaue Himmel. Wahnsinn!
Einen besseren Ort für unsere Mittagspause können wir uns nicht vorstellen. Obligatorisch haben wir unser Backgammon ausgepackt und genießen die Zeit hier ausgiebig. Nach zwei Stunden steigen wir noch zum Aussichtspunkt hinauf. Das schöne ist, dass wir so nicht denselben Weg zurücklaufen, sondern erst später auf den Hauptweg zurückkommen.
Diese Wanderung gefällt uns von allen dreien, die wir von Huaraz aus gestartet haben am besten. Wir können selbst unser Tempo bestimmen und werden nicht von einem Guide gehetzt. Der Transport ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln möglich und die Wanderung an sich ist super abwechslungsreich. Ein bisschen steil, dann wieder eben, etwas kraxeln, ein Wasserfall, ein Bergsee und perfektes Panorama während der Wanderung. Obwohl uns Laguna Churup vor unserer Ankunft in Huaraz unbekannt war, wurde sie zu unserem Favoriten. In der Tat würden wir sagen, es ist eine der beeindruckendsten Tageswanderungen, die wir je gemacht haben.
Neugierig auf ein paar bewegte Bilder von der Laguna Churup? Kein Problem – los gehts:
Indisch essen in Huaraz, Peru
Zurück im Hostel und nach einer heißen Dusche gehen wir abends zum Inder Krishna Bhog. Juliette aus unserm Hostel hat uns dieses kleines Restaurant empfohlen in dem es ein All-You-Can-Eat-Buffet gibt. Vielmehr handelt es sich nicht um ein Buffet, sondern um eine feste Speisekarte in einem gemütlichen Restaurant (man isst quasi bei den Inhabern in der Wohnung)!
Heute gibt es eine Tomatensuppe mit Zwiebeln, Quinoa und Kräutern. Danach einen Teller mit Reis und Gemüse, Kichererbsen-Curry und einem recht fettigen aber auch extrem leckeren Brot. Dazu Limonade aus verschiedenen Kräutern und Limonen. Immer wenn eine der drei Speisen zur Neige geht kommt der Besitzer an den Tisch und fragt, ob er noch was bringen kann. Das haben wir bei den Leckereien gern angenommen. Vollkommen satt gefuttert sind wir mehr nach Hause gerollt als gegangen. Der kleine Verdauungsspaziergang war dringend notwendig.
Hasta la vista Huaraz – Adios Cordillera Blanca
Heute Abend bringt uns der Nachtbus nach Trujillo. Vorher verbringen wir den Tag im Hostel mit unserer weiteren Reiseplanung und der Recherche im Internet. Auf dem Mercado Central decken wir uns noch mit Trockenobst und Nüssen als Snack für die Busfahrt ein. Das Abendessen heute: halber Hahn mit Pommes und Salat. Es ist DAS Gericht in Peru. Hier essen alle ständig Hähnchen. Tatsächlich gibt es an jeder zweiten Ecke eine sogenannte Polleria. Dort gibt es ein Viertel, halbe oder ganze Hähnchen zur Auswahl.
Für uns war Huaraz ein Wahnsinnserlebnis und es hat echt Spaß gemacht. Im Nachhinein wären wir gerne noch zwei/drei Tage länger hiergeblieben, denn es gibt eine Fülle von Wanderungen und anderen Aktivitäten. Sollten wir nochmal hierher kommen würden wir gerne ein längeres, mehrtägiges Trekking machen. Zum Beispiel den Santa Cruz Trek. Dieser soll zu den schönsten Wanderrouten weltweit zählen und ist in 4 bis 5 Tagen zu schaffen. Der höchste Punkt dabei ist der Pass Punta Union (4.759 Meter).
Bist Du auch ein Gipfelstürmer oder hast Interesse an Wanderungen in Peru? Was für Routen kannst Du uns empfehlen?
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