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Kuelap Chachapoyas

Kuelap – Festung der Nebelkrieger

Heute ist Kultur, aber so was von! Es geht nach Kuelap!

Wir fahren mit einer organisierten Tour nach Kuelap… Ja, wirklich! Wer hier häufiger mitliest wird bereits festgestellt haben, dass wir zwei doch eher auf eigene Faust reisen. Wir entdecken lieber selbst und mögen die durchorganisierten Touren nicht so, weil man häufig gehetzt wird, der Guide doof ist oder es total überteuert ist.

Wenn es sich allerdings um historische oder kulturelle Ausflüge handelt, die inhaltlich für uns mit einem großen Fragezeichen enden würden, sieht es etwas anders aus. Wo Gefühle und Emotionen Hand in Hand mit der lokalen Kultur gehen, ist es klar, dass wir uns einer Tour anschließen. Das war in Yogyakarta (Prambanan & Borobudur) auf Bali und Machu Picchu so und wird auch in Kuelap so von uns fortgesetzt.
Mit Ausflügen nach Kuelap verhält es sich ähnlich. Wir entscheiden uns für die Agentur Ñuñurca Travel. An der Plaza de Armas in Chachapoyas habt Ihr die Qaul der Wahl. Es gibt viele kleine Agenturen und wie so häufig arbeiten sie miteinander und schieben sich die Kunden zu. Laut Google Maps befindet sich unser Anbieter hier . So viel sei schon mal verraten: Diese Agentur können wir zu 100 Prozent empfehlen. Die Infos vorab waren super und unser Guide Peto ist ein Volltreffer. Sein Englisch ist nicht perfekt, aber er gibt sich die größte Mühe uns alles Wichtige nach der spanischen Erklärung noch einmal auf Englisch zu erzählen. Manchmal helfen uns zwei Italiener aus unserer Gruppe bei einigen Übersetzungen…

Aber der Reihe nach, okay…

…los geht’s morgens in Chachapoyas. Wir treffen uns am Plaza de Armas. Nachdem die Gruppe dann vollständig ist, geht’s per Minibus in das kleine Dorf Nuevo Tingo. In den drei Stunden die wir unterwegs sind erzählt uns Peto über die Kultur in der Umgebung Chachapoyas, so auch über die Felsengräber von Revash und die Sarkophage von Karajía.

Die Chachapoya

Das stolze Volk der Chachapoya war ein heißblütiges Kriegervolk. Der Name wurde dem Volk von den Inka gegeben und bedeutet auf Quechua so viel wie „Wolkenmenschen“ bzw. „Nebelkrieger“.
Tatsächlich weiß man von den Chachapoya nicht viel, es wird gesagt dass sie Seite an Seite mit den Spaniern gegen die Inka gekämpft haben sollen. Dies, nachdem die Inka 1475 in einem langen Eroberungskampf die Chachapoya besiegt haben. Der Grund für die letztliche Auslöschung der Wolkenmenschen sollen eingeschleppte Krankheiten der Spanier gewesen sein. Apropos Auslöschung: In Ägypten wurden Gräber in imposanten Pyramiden erschaffen. Der Totenkult in den Anden zur Verehrung von Verstorbenen spielte auch bei den Nebelkriegern eine wichtige Rolle. Das Volk der Chachapoya platzierte Sarkophage an den steilen Abgründen in den Bergnebelwäldern.

Weiter geht’s zur Seilbahn-Station

Ja, richtig gelesen! Wir sind immer noch in Peru und nicht in Österreich. Somit bahnt sich bereits an, was die Regierung für ein Potential in Kuelap sieht. Die Teleférico de Kuélap wurde im Januar 2017 eröffnet und überwindet die 1000 Höhenmeter in 20 Minuten. Tatsächlich wären wir lieber den Weg zur Festung gegangen (womit wir wieder bei Vor- oder Nachteil einer geführten Tour wären), allerdings konnten wir aus der Gondel den Weg und dessen schlechten Zustand erkennen, also vielleicht doch ganz gut so.

La Malca

Oben an der Bergstation in La Malca kaufen wir dann die Eintrittstickets für Kuelap und schreiben uns in das Gäste- bzw. Touristenbuch ein. Dann geht es auch schon weiter hinauf zur Zitadelle. Der Weg wird steiler und wir merken die 3.000 Höhenmeter, auch wenn wir durch unseren Aufenthalt in Huaraz eigentlich im Training sind. Doch der geröllige Weg ist leicht zu bewältigen.

Nach einer halben Stunde erreichen wir die Südfront der Festung von Kuelap. Wow! Die Mauern sind gewaltig, bis zu 21 Meter um genau zu sein. Auf einem Bergrücken steht diese Anlage auf 3.000 Metern hoch über den Wolken. Das muss man sich wirklich mal vorstellen und das gigantische kommt erst jetzt:
Kuelap Chachapoyas

  • Errichtet wurde die Festung um 500 n.Chr. -fertiggestellt um 1300 n.Chr.
    Ärgert Euch also nicht, wenn der Bau eines Flughafens, Bahnhofs, etc. mal etwas länger dauert.

  • Der gesamte Komplex hat wahrscheinlich eine Nord-Süd-Ausdehnung von 600 Metern und von Ost-nach Westen sind es 110 Meter.
    Damit soll die Festung Kuelap älter und größer sein als Machu Picchu und trägt daher den Beinahmen „Machu Picchu des Nordens“.
  • Ca. 25.000.000 m³ Material (Kalk- und Sandstein) wurden verwendet, was dreimal so viel ist wie bei der Cheops Pyramide.
Es wird angenommen, dass die Festung nach der Übernahme der Inka und der Assimilation der Chachapoya im späten 16. Jahrhundert, gegen 1570 aufgegeben und verlassen wurde. Danach hat die Zitadelle einen Dornröschen-Schlaf überdauert, bis sie 1843 wiederentdeckt wurde. (Übrigens 50 Jahre vor Machu Picchu, um den beliebten Vergleich aufrechtzuerhalten).

Die Begeisterung von Kuelap und der Leistung der Chachapoya ist unserem tollen Guide Peto anzumerken. Mit Stolz erklärt er uns viele kleine und große Dinge. Keiner weiß, wie das Volk das ganze Baumaterial auf 3000 Meter hoch bekommen hat. Um die 700 Jahre wurde an der Festung gearbeitet. Unglaublich! Nachdem wir an der Stadtmauer den ersten Vorgeschmack bekommen haben, geht es weiter zum Eingang.

Das Innere der Festung Kuelap

Wir betreten die Zitadelle durch den damaligen Lieferanteneingang. Peto macht uns auf die Abdrücke von Lama-Hufen aufmerksam, die sich in dem weichen Sandstein verewigt haben. Es ist tatsächlich so wenig Andrang und Gewusel hier, dass es uns leicht fällt, uns in die damalige Zeit zu versetzen. Der Eingang ist wie ein langer Schlauch, der sich zum Ende hin immer weiter verjüngt. Ganz am Ende ist er gerade so breit, dass eine einzeln Person durchgehen kann. Security im 16. Jahrhundert.

Gleich fällt auch der wesentliche Unterschied zu Machu Picchu auf: In Kuelap ist die Restaurierung lange nicht so perfekt und das hat seinen Sinn. Die peruanische Regierung hat beschlossen, die historischen Monumente nicht komplett zu rekonstruieren. Die Mauern und Gebäude werden nur soweit restauriert, dass kein Sicherheitsrisiko für Besucher besteht. Da man offensichtlich nicht genug über die Kuelap-typischen Rundhäuser weiß gibt es auch nur ein restauriertes Exemplar.

Wir befinden uns auf der sogenannten ersten Ebene. Hier wohnte das normale Volk in Rundhäusern, ganz typisch für die Chachapoya-Kultur. Die Durchschnittsfamilie bestand aus acht Personen und es gab eine Abtrennung für die hauseigenen Meerschweinchen, sowie mindestens ein Grab unter dem Haus.

Richtig: Die Chachapoyas beerdigten ihre Toten im bzw. unter ihrem Haus, bedeckten den Boden mit Steinen und Erde und bauten auf der Grabstätte weiter.
Die Gräber sind runde Löcher und mit einem Stein abgedeckt. Die leblosen Körper wurden gereinigt, die Organe entfernt und schließlich in Kindslage festgebunden. Dies hat den Hintergrund, dass die Chachapoya an die Wiedergeburt glauben und von Mutter Erde (Pacha Mama) zu Lebenden erkoren wurden.

Anschließend wurde der Körper in einen Sack gelegt, welcher von außen bemalt wurde. Insbesondere das Gesicht! Natürlich gab es Grabbeilagen wie Töpferwaren, Stoffe und wenn möglich Gold und Silberwaren. Dies erinnert euch stark an die Inka-Kultur? Ja, genau. Nur, dass die Chachapoya-Kultur von ca. 400 – 1500 n.Chr. lebte und somit viel älter ist als die bekannte Inkas sind.
Kuelap Chachapoyas
Rundhaus Ruinen
Kuelap Chachapoyas
Grabstätte

Die geheimnisvolle Ruine

Nachdem wir durch die ehemaligen Gassen, untermalt mit vielen Geschichten von Peto, gegangen sind kommen wir zu El Tintero. Das Tintenfass. Wie vieles in Kuelap ist auch die Funktion nicht zu 100% klar und basiert auf Annahmen, so wie diese hier: Das Gebäude schaut wie ein Zylinder aus und es wird stark davon ausgegangen, dass es sich um einen heiligen, zu mindestens mystischen, Ort handelt, in dem okkulte Prozeduren abgehalten wurden. Denn es wurden Knochen gefunden, die aus der Zeit vor Christus stammen. Sprich: Dieser Ort wurde offensichtlich länger bewohnt als bisher angenommen. Vielleicht als eine Art von Gefängnis sogar?
Auf der anderen Seite wird angenommen, dass es sich bei dem Tintenfass um ein Observatorium handele, da sich Lichtstrahlen durch Ritzen zu bestimmten Tagen in der Mitte treffen.
Die Chachapoya glaubten an Gottheiten, die Tieren ähnlich sehen. In dem Mauerwerk haben wir zum Beispiel eine Schlange entdeckt und auch ein Menschengesicht, welches zu lächeln scheint. Peto erklärt uns, dass es ein Raubtier und somit eines der Gottheiten zu sein scheint. Es soll noch 14 weitere Symbole im Inneren von EL Tintero geben.
Kuelap Chachapoyas
El Tintero
Kuelap Chachapoyas
Rundhaus mit Ausblick und Abtrennung für Meerschweinchen

Die zweite Ebene

Auf dieser Ebene wohnten die wichtigen Persönlichkeiten, the upper class. Hervorzuheben ist hier „El Torreon“. Der höchste Turm der Zitadelle Kuelap, leider nicht von innen zu besichtigen.

Des Weiteren wurden auf dieser Ebene auch rechteckige Ruinen gefunden! Rechteck und nicht rund! Was dafür sprechen soll, dass dies Inka-Ruinen sind, die aus der Besatzungszeit der Inka stammen sollen.

Spekulation – Aber gerade dies macht es so spannend hier! Also…

…es wird außerdem vermutet, dass die Gegend um Chachapoyas in ihrer Dichte die meisten unentdeckten Ruinen weltweit birgt. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass es in den Bergnebelwäldern am Ostrand von Kuelap noch zahlreiche Stätten zu entdecken gibt. Die Kultur der Chachapoya gibt Forschern und Entdeckern zahlreiche Rätsel auf. Mega spannend, oder?
Die Forschungsgelder fließen nur spärlich und die Arbeiter und Archäologen vom Instituto Nacional de Cultura „INC“ müssen mit wenig Mitteln auskommen. Zum Teil fehlt es an einfachen Dingen wie Strom und Wasser. Von daher wird es noch einige Zeit dauern bis der restliche Teil der Ruinen freigelegt ist. Fraglich, ob die Geschichte jemals vollständig aufgeklärt wird!

Kuelap ist (noch) kein Massentourismus. Menschen, die hier her kommen posen nicht für Insta-Shots. Sie kommen hierher aus Interesse an dem Unbekannten, der Geschichte und Kultur und nicht, weil es ein deklariertes „Must-See“ ist.
Chachapoyas Kuelap
Gravur im Mauerwek "El Tintero"

Finale Frage: Ist Kuelap das Machu Picchu des Nordens?

Immer wieder wird Kuelap mit dem sagenumwobenen Machu Picchu verglichen. Zu Recht! Beide Festungen werfen viele ungeklärte Fragen auf, jedoch ist Kuelap bisher immer ungeachtet (geblieben). Und genau das ist wohl der größte Unterschied.

Wir haben oben in drei Punkten beide Festungen der (Prä)-Inka-Kultur verglichen und ob diese Zahlen nun 100% korrekt sind, kann niemand eindeutig sagen. Der eindeutige Unterschied ist, dass Kuelap kein Massentourismus ist und in Peru wächst das Interesse hier aktiver zu werden. Die Festung Kuelap und das weitere Areal wurde 2011 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt und eine Reise in den Norden lohnt sich nicht nur deshalb.

Adios ihr Wolkenmenschen – Adios Kuelap

Unsere Gruppe stiefelt wieder bergab zur Bergstation der Seilbahn. Apopos stiefeln: Dass ihr auf festes Schuhwerk achtet, sollte wohl klar sein. Kuelap ist lange nicht so komfortabel wie Machu Picchu.

Auf dem Rückweg machen wir noch in einem Restaurant halt in Nuevo Tingo. Es gibt Chochoca – ein lokales Gericht in Chachapoyas. Fleisch und Kartoffeln vermischt, dazu Salat und Reis. Die gesamte Gruppe sitzt an einer langen Tafel und tauscht sich über Annahmen, Fakten und andere Spinnereien aus. Toll! Es hat sehr viel Spaß gemacht und unser Guide Peto hat einen ganz großen Anteil daran, dass die Geschichten so lebhaft wurden!

Was hat Euch besser gefallen: Machu Picchu oder Kuelap? Welche Erfahrungen habt in in Kuelap gemacht, wart Ihr alleine unterwegs oder mit einer geführten Tour?

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