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Auf dem Eyre Highway durch die Nullarbor

Weiter gehts! Wir packen die Wanderstiefel zusammen, schalten unsere Playlist ein und verlassen mit Carl den Grampians Nationalpark. Das nächste, größere Ziel ist die Eyre Peninsula im Süden Australiens und danach die Nullarbor Ebene. Doch bevor wir diese erreichen liegen noch 800 Kilometer Fahrtstrecke vor uns, hierfür planen wir 2 Tage ein.

Ohne große Umwege fahren wir nach Robe an der Limestone-Coast. Nach 300 Kilometern müssen die Beine mal wieder bewegt werden und da kommt dieses verschlafene Örtchen genau richtig. Nach frischem Kaffee und leckerem Pie fahren wir an die Steilküste. Robe ist ein Fischerörtchen mit vielen lokalen Geschäften. Der nächste Übernachtungsplatz befindet sich direkt am Strand von Pinks Beach, ca. 10 Kilometer von Kingston entfernt. Netterweise ist der Platz gratis und beschert uns einen tollen Sonnenuntergang. Früh am Morgen verlassen wir mit Carl den Strandplatz und tuckern nach Adelaide.
Gegen Mittag schlendern wir durch die Stadt! Allerdings kommen wir uns ein wenig fehl am Platz vor als wir die Parkanlagen und die Art Gallery besuchen. Dennoch ist es uns zu wuselig und wir entscheiden uns noch weiter in Richtung Port Augusta zu fahren, also nördlich von Adelaide.

Im kargen Parham fahren wir zu einer gratis Campsite, die ebenfalls direkt am Strand liegt und von vielen Dauercampern besucht wird. Neben Toiletten und BBQ-Grillstationen gibt es einen direkten Zugang zum Strand. Was wir jetzt schon merken: das Fahren auf der Straße und das Land um uns herum wird immer einsamer. Eigentlich gibt es nicht viele Gründe sich hierher zu verirren, es sei denn man möchte zur Eyre Halbinsel oder eben die Nullarbor durchqueren, so wie wir!

Auf der Campsite lernen wir den Italiener Matteo und die Schweizer Schwestern Janine und Josephine kennen. Tatsächlich reisen die beiden Schweizer seit längerer Zeit durch die Welt und besitzen keinen Führerschein. So kam es den beiden sehr gelegen, dass Matteo noch zwei Plätze in seinem kleinen Camper hat. Denn ein Zelt haben die zwei Schweizer dabei. Da die drei auch die Nullarbor durchqueren wollen gehen wir davon aus, dass wir uns die nächsten Tage mal häufiger sehen werden. Denn es gibt nur EINE einzige Straße, die nach Westen führt!
Früh am Morgen, bevor die Hitze zuschlägt, rollt Carl über die Schotterpisten. Eine unglaubliche Weite, endlose Weidelandschaften bis zum Highway. Das nächste Unikum lässt nicht lange auf sich warten: Ein Mann auf einem Tretroller samt Anhänger auf dem Highway – Ziel unbekannt! Anhalten können wir in dem Moment nicht, da ein Roadtrain hinter uns fährt. Die Roadtrains sind LKW, die mit 4 oder noch mehr Anhängern durch Australien brummern. Mit gewaltigen Zugmaschinen stellen die Schwertransporter die Versorgung des australischen Outbacks sicher. Von Erz- und Kohleladungen über Mineralöl bis hin zu halben Leichtbauhäusern oder mächtigen Bulldozern transportieren die Riesen wirklich alles. Die Lastzüge sind zum Teil mehr als 50 Meter lang, 130 Tonnen schwer und besitzen über 20 Achsen. Kein Wunder, dass sie in der Regel nicht bremsen, wenn sich ihnen etwas in den Weg stellt – im Zweifel würde der Roadtrain ohnehin erst lange nach dem Zusammenstoß zum Halten kommen…
Drei Regeln sollten daher beachtet werden: Ausweichen, überholen lassen und vor allem – nicht im Weg stehen! Denn trotz der gewaltigen Masse ihrer Fahrzeuge legen die Fahrer der Kolosse ein sehr sportliches Tempo vor. Leider werden auch viele Tiere von den LKW erfasst und liegen nun leblos oder sterben am Wegesrand… Fakt ist: Die rollenden „Straßen-Züge“ werden wir nun bald häufiger sehen. Wir checken unseren Wasservorrat und stocken diesen auf knapp 40 Liter auf. So sind wir gerüstet im Falle, dass wir liegenbleiben, denn auf den nächsten knapp 1000 Kilometern ist häufig nichts… Damit Carl nicht schlapp macht tanken wir auf und prüfen sorgfältig Öl, Kühlwasser sowie die Reifen. Los geht’s auf dem Eyre Highway.

Mindestens vier Tage. Drei Zeitzonen. 1675 Kilometer.

Die Route verläuft auf befestigten Straßen, die jedoch auch durch entlegene Regionen führt und daher eine sorgfältige Planung erfordert. Wenn wir den Highway verlassen möchten, benötigen wir einen Geländewagen. Die Nullarbor-Ebene (lateinisch für „keine Bäume“) ist eine Kalksteinebene, die 1200 Kilometer breit ist und auch als Nullarbor Wüste bezeichnet wird, ist charakteristisch für ein großes Nichts. Kein Baum, nur Sträucher. Viel Sand und Steine und die erbarmungslose Hitze. Die einzigen Zivilisationen befinden sich an den Roadhouses. Das sind kleine „Orte“, die meist aus einer Tankstelle, einem Motel/Campingplatz und einem Spielplatz bestehen.

Fakten über die Nullarbor

- Der Eyre Highway wurde nach dem Landerforscher Edward John Eyre benannt und führt durch zwei Bundesstaaten.
- Einige Teile der Straße dienen als Notlandebahn für den Royal Flying Doctor Service
- Der Name "Nullarbor" kommt von lat. nullus arboris = "kein Baum"
- Es gibt 250 Kalksteinhöhlen und kein bekanntes Oberflächenwasser und Bäume.
- An ihrem breitesten Punkt dehnt sie sich über 1200 km von Osten nach Westen.
- Sie ist mit rund 200 000 Quadratkilometern das größte Stück Kalkstein der Welt.
- AC/DC schrieben während einer Australientour den Song “Highway to Hell” als sie mit dem Tourbus auf dem Eyre Highway in der Nullarbor-Ebene unterwegs waren.

Unser heutiges Ziel, Kimba, liegt 200 Kilometer von Port Augusta entfernt, ab Parham sind es 400 Kilometer. Der Gratis-Campingplatz in Kimba ist spartanisch aber ruhig gelegen und beheimatet rüstige Australier die mit Camper oder Wohnmobil ihr Heimatland erkunden. Kaum haben wir unser Fahrzeug abgestellt, treffen auch Matteo und seine zwei Mitfahrerinnen ein. Zufall, denn vor der Nullarbor Ebene gibt es zahlreiche andere Campingplätze.

Am heutigen Abend wird uns die Freundlichkeit der Australier, oder in diesem Fall eines brasilianisch-australischen Ehepaares ganz deutlich: Monica und Tony haben ihr Haus in Cairns verkauft und sich stattdessen einen großen Wohnwagen zugelegt – als Rentner möchten sie ihr Land bereisen. Sie haben wirklich alles dabei. Vor ihrem mobilen Heim steht die Waschmaschine und ein großer Grill. Als wir in unserer spartanischen Küche stehen, kommt Monica und reicht uns eine große Portion (für zwei Personen viel zu groß) selbstgemachte Lasagne. Wir müssen doch ordentlich Essen… dazu gibt es Brot. Obwohl wir genug Lebensmittel dabei haben lässt Monica nicht zu, dass wir es ihr abschlagen. Wir kommen ins Gespräch und haben einen wunderbaren Abend zusammen. In der Einsamkeit von Kimba umgeben von Silo-Kunst. Die einzige Attraktion hier.

Fish & Chips an der australischen Bucht

Wir stehen zeitig auf und fahren um 8 Uhr in Kimba los. Auch heute wollen wir ca. 400 Kilometer fahren. Wie immer ist nicht klar, wo genau wir übernachten werden. Von Monica & Tony haben wir gehört, dass die Gegend um Streaky Bay sehr schön sein soll. Tatsächlich wollten wir eh einen Abstecher zum Cape Bauer, einer Steilküste an der Streaky Bay machen. Als wir ankommen, stellen wir ernüchternd fest, dass die Steilküste eine lange Schotterpiste ist. Wir trauen Carl keine komplette Umrundung zu, daher bleibt es nur bei einem sehr schönen Aussichtspunkt über die Bucht. Anschließend wandern wir zusammen mit Pelikanen am Strand. Nach einer Stärkung mit leckeren Fish & Chips und kühlem Getränk fahren wir an der Küste weiter in Richtung Ceduna.
Ceduna gilt als letzte größere Zivilisation vor der Wüste. Routiniert prüfen wir Carls Zustand. Jedenfalls so gut wir können… Wir sind aufgeregt. Über das was uns erwarten wird und auch bange, ob Carl die Hitze und das lange fahren überstehen wird. Wir erreichen am Abend den kleinen Ort Penong. Man rühmt sich mit über 50 Windmühlen, die lustig in der untergehenden Abendsonne quietschen. Die Campsite ist wahrscheinlich unsere letzte Möglichkeit mit ein wenig Annehmlichkeiten zu duschen. Sprich: Heißes Wasser! Allerdings soll und wird das flüssige Gut mit Bedacht eingesetzt, schließlich ist diese Gegend eine der trockensten in der Welt!

Nullarbor Links – Der längste Golfplatz der Welt

Die längste gerade Straße der Welt, die trockenste Gegend Ausraliens, und dazu noch der größte Golfplatz der Welt. Der Nullarbor Links. Und das geht so: Jedes Roadhouse ab Ceduna bietet ein Abschlag samt Loch zum putten an. Gestartet kann entweder in Ceduna oder in Norsemann. Hier kann sich der Wüstengolfer eine Scorecard besorgen. An jedem Roadhouse, welches im Übrigen jeweils ein eigenes Thema hat wird abgeschlagen und eingelocht J

Wer bei 40 Grad in der Sonne zwingend Golf spielen muss und dies auf Sand und Geröll anstatt gepflegtem Rasen muss schon ein wenig verrückt sein. Wir sind nur halb-Verrückte und entscheiden uns im Nullarbor-Roadhouse eine Partie Golf zu spielen. Okay, getankt haben wir auch. Wir leihen uns für 5 Dollar einen Schlägersatz aus. Das Loch ist ein Par 4 und ungefähr 800 m lang. Es ist wirklich im Nirgendwo. Beunruhigt bahnen wir unseren Weg durch trockene Sträucher und vorbei an Schildern, die vor Schlangen warnen (der Tankwart hat dies auch mehrmals erwähnt…) und ermahnen uns, lieber kontrollierte Schläge zu machen. Kontrolliert und kurz. Denn nach 10 Schlägen wird eingelocht. Ein toller Spaß ist es aber allemal.
Die Roadhouses haben verschiedene Themen, die dann in der Scorecard abgestempelt werden: Wombat Hole, Dingos Den (welches wir gespielt haben..), Watering Hole oder Skylab in Balladonia. Die Ortschaft war Ende der 70er Jahre in den Schlagzeilen. Nicht wegen des Golfkurses sondern, weil hier die amerikanische Raumstation Skylab abgestürzt ist. Angeblich soll sich der US-Präsident Carter höchstpersönlich im Roadhouse gemeldet und für die dramatische Bruchlandung entschuldigt haben…

Was hat Salat mit einem Grenzübergang zu tun?

Abwechslung in der Wüste gibt es 20 Kilometer östlich vom Nullarbor Roadhouse: Die Head of Bight! Aufregende Klippen am Ozean erwarten uns unweit vom Highway und es gibt verschiedene Aussichtpunkte. Die Aussicht auf die Klippen, z.B. die bis zu 80 Meter hohen Bunda Cliffs, ist wahnsinnig toll. Im Herbst kann man mit Glück auch Glattwale sichten!

Am Abend essen wir Salat mit Äpfel und zum Frühstück gibt es Birnen Der obskure Hintergrund – nebenbei schmeckt es ja auch – ist das wir in Kürze den Bundesstaat wechseln und nach West-Australien fahren. Und hier sind die Aussies ein wenig eigen : Es wird verlangt, dass kein Obst, Gemüse, Nüsse und Samen, und selbst Honig die Grenze wechselt. Dies bedeutet, dass die australischen Zollbeamten nach bestimmten Dingen Ausschau halten, die nicht in das entsprechende Bundesland eingeführt werden dürfen. Hierzu gehören weitestgehend frisches Obst und Gemüse, ungeschälte Kartoffeln und Zwiebeln, benutze Obst-, Gemüse-, Landwirtschafts- und Samen-Behälter, Honig, unbehandelter Reis, Pflanzen, Erde und Samen.

Artig stellen wir uns bei der Grenzkontrolle an. Sämtliche Fahrzeuge werden kontrolliert! Wer steht vor uns? Genau die Italienisch-Schweizerische Fahrgemeinschaft. Tatsächlich mussten die drei diverses Obst entsorgen! Da die Strafen für geschmuggelte Ware mit bis zu 5000 AUD nicht gerade niedrig ausfallen, sollte der Lebensmittelvorrat entsprechend reduziert werden!

146 Kilometer geradeaus

Nach einer unruhigen Nacht in Cocklebiddy nahe einer Tankstelle, geht es früh am Morgen zum Endspurt nach Norsemann. Wenn alles gut läuft, werden wir nach vier Tagen wieder richtige Zivilisation um uns haben, so mit Telefonempfang und so. Aber vorher geht es geradeaus.

Genauer gesagt: Ganze 146,6 Kilometer! Wenn wir über kleine Anhöhen fahren, kann man das ganze Ausmaß nur erahnen. Bis zum Horizont eine schurgerade Straße! Zwischen Caiguna und Belladonia liegt eines der Highlight des Nullarbors. Die „90 Mile Straight“ des Eyre Hightways ist die mit 146,6 Km längste gerade verlaufene Straße der Welt.

Nach 1.495 km kommen wir nach drei vollen Tagen in den Outback-Ort Norseman. Norseman selbst hat nicht viel zu bieten, obgleich einst hier in der Umgebung das größte Goldvorkommen von Western Australien ausgebeutet wurde. Die Preise für Benzin gehen wieder langsam auf der normale Niveau und wir freuen uns darüber, dass wir zwei und unser treuer Gefährte auf vier Rädern die Hitzeschlacht überstanden haben. Ab jetzt geht es entlang des Coolgardie-Esperance Highway. ans Meer nach Esperance!

Die Nullarbor zieht viele Menschen mit verschiedensten Motivationen in ihren Bann. Spannende Lagerfeuer-Geschichten, grandiose Sonnenunter- & Aufgänge und der Zauber von grenzenloser Freiheit liegen in der flirrenden Luft.

Warst du schon einmal dort und wie hat es dir gefallen? Fragen, Tipps? Wie war Dein Aufenthalt im outback? Schreib´ es uns in die Kommentare!

1 Kommentar zu „Auf dem Eyre Highway durch die Nullarbor“

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