Nach der Nullarbor und viel heißem Nichts freuen wir uns auf die Strände im südlichen Western Australia. Oder besser WA! Denn kaum ein Australier spricht den Namen des größten Bundesstaates in Down Under komplett aus. Vielleicht dauert es ihnen einfach zu lange „Western Australia“ zu sagen…? Double-Ju-Ey geht halt viel schneller.
Esperance und der Cape Le Grand Nationalpark
Esperance ist die erste Stadt an der Küste auf unserem Weg durch Western Australia. Es ist windig, am Himml hängen dunkle Wolken und wir frösteln etwas. So haben wir uns den australischen Sommer nicht vorgestellt, dass wir in Fleecejacken am Strand stehen und Gänsehaut haben… Nun ja, wir hoffen, dass es daran liegt, dass es in der Nullarbor in den letzten Tagen so heiß war…
In Esperance gibt’s auf den ersten Blick alles was man braucht. Supermärkte, eine schöne grüne Promenade am Wasser und die bereits bekannten öffentlichen Grillstationen. Also parken wir direkt an der Promenade und grillen unser Abendessen mit Blick auf die Bucht.
Hier lernen wir Gustavo und Thais kennen, die am Nachbargrill ebenfalls hier Abendessen zubereiten. Die beiden kommen aus Perth und machen ein paar Tage Urlaub hier. Sie schwärmen uns vom Cape Le Grand Nationalpark vor, der hier gleich um die Ecke ist. Insbesondere der Strand von Lucky Bay soll traumhaft schön sein. Na dann steht wohl unser Plan für morgen!
Nach einer etwas unruhigen Nacht mit Carl direkt an der Promenade – eigentlich darf man hier nicht über Nacht stehen, andere Campervans tun es uns trotzdem gleich – gibt’s Müsli mit Blick auf die Bucht. Dann Vorräte aufstocken und los geht’s in den Cape Le Grand Nationalpark.
Zuerst fahren wir zum Frenchman Peak. Am Parkplatz vor dem Berg treffen wir direkt Gustavo und Thais wieder. Spontan wandern wir gemeinsam auf den zerklüfteten Felsen hinauf. Nach einer knappen Stunde sind wir oben und sprachlos von der Weite um uns herum. Der Frenchman Peak ist 262 Meter hoch und wir können tatsächlich in alle Himmelsrichtungen sehen. Unendliche Weiten im Landesinneren und viele kleine Buchten mit hellen Sandstränden an der Küste. Der Wahnsinn.
Nun sind wir gespannt auf die Lucky Bay. Helge hat im Internet gelesen, dass dort direkt am Strand ein mobiler Coffee Shop sein soll. Entsprechend hoch ist sein Interesse. Hihi. Als wir Carl parken sind wir wieder mal sprachlos. Die Bucht vor uns ist so unglaublich schön. Einen weißeren Sandstrand haben wir bisher nicht gesehen. Und tatsächlich steht dort ein kleines Wägelchen und verkauft Kaffee bzw. den Kangacino.
Als wir unseren Kaffee (bzw. ich meine heiße Schoki) schlürfen seufzt Helge und sagt: „Wir haben schon viel zu lange keine Kängurus mehr gesehen.“ (In der Nullarbor waren es leider nur die unglücklichen Exemplare, die ein abruptes Zusammentreffen mit den Roadtrains hatten und nun am Straßenrand verwesen.) „Und am liebsten würde ich mal Kängurus am Strand sehen.“ Ich: „Und hast Du sonst noch Wünsche?“ Er: „Nein.“ Ich: „Dann dreh‘ dich mal um!“ Da hüpfen auf einmal zwei Kängurus über den weißen Sand zwischen den Menschen hindurch und lassen sich bereitwillig fotografieren. Sprachlos. Mal wieder.
Und dann treffen wir auch noch Matteo und die Schweizer Schwestern wieder. Ach ist das herrlich! Es hat schon was, wenn man irgendwo weit weg von zu Hause jemand trifft, den man kennt. Egal, ob man sich erst vor wenigen Tagen kennengelernt hat. Die drei erzählen uns von einem tollen Stellplatz für die Nacht ganz in der Nähe direkt am Strand. Klingt super. Dahin machen wir uns nach unserem Strandtag in dieser Fototapete auf den Weg. Leider schaffen wir es nicht ganz bis zu diesem Strand…
Auf dem Weg dorthin bleiben wir stecken! OH MEIN GOTT!!! Das rechte Vorderrad hat sich im feinen Sand festgefahren. Es geht nicht mehr vor, nicht mehr zurück – nur noch tiefer in den Sand hinein. Carl ächzt! Ich sehe vor meinem inneren Auge wie unsere Weltreise endet, weil sämtliche Ersparnisse für einen Abschleppdienst draufgehen werden. Das wird nicht billig, denn wir sind mitten im Nirgendwo!
Dann kommt ein Wohnmobil die sandige Straße entlang. Das Pärchen will eigentlich an dem kleinen Strand einen Kilometer weiter übernachten. Als sie uns sehen, ändern sie ihre Meinung, weil ihr Wohnmobil viel größer und schwerer ist als unser Carl. Wenn wir schon steckenbleiben, dann brauchen sie es gar nicht erst versuchen.
Wir sind allerdings verdammt froh über die beiden. Mit vereinten Kräften und mit Hilfe von ein paar großen Steinen können wir Carl aus dem Sandloch befreien! Nach solch einem Adrenalin Schub haben wir keine Lust mehr auf Experimente und entscheiden, dass wir einfach auf der kleinen Anhöhe übernachten. Eine sehr gute Entscheidung.
Das ist bisher wohl der einsamste Ort, an dem wir mit Carl übernachten. Wir genießen bei einem Glas Wein den Sonnenuntergang und später die Strahlkraft der Milchstraße am Nachthimmel. So kann sich ein vermeintliches Unglück in etwas Positives verwandeln. Diese Momente sind es, die unsere Reise zu etwas Besonderem machen.
Bremen in Australien?
Sobald wir von diesem Ort erfahren haben, war klar, dass wir hier vorbei fahren: Bremer Bay. Da können wir zwei Bremer doch gar nicht anders. Wir sind mega gespannt, wie es uns in unserer „Partnerstadt“ gefällt!
Tatsächlich ziemlich gut. Vielleicht sogar besser als in Bremen…? Hier gibt es eine ziemlich große Bucht mit tollem Sandstrand und die Wassertemperatur ist immerhin passabel genug, dass wir schwimmen gehen – auch wenn es uns anfangs Überwindung kostet ins klare Wasser zu gehen. Die Weser daheim ist ja auch nicht sooo warm… allerdings kann man dort nicht auf den Grund sehen. Die Kälte hier ist eher durch die Nähe der Antarktis und die Meeresströmungen bedingt als durch die angenehm warme Temperatur der Luft.
Ein Unterschied zum flachen Bremen sind die Aussichtspunkte auf den Klippen ein paar Fahrminuten vom Zentrum entfernt. Hier entdecken wir noch mehr kleinere Buchten mit Sandstrand an denen vereinzelt Surfer und Schwimmer im Wasser sind.
Wir möchten gerne hier bleiben und finden einen schön bewaldeten Campingplatz am Stadtrand, dem man nur eine gaaanz leichte Ähnlichkeit mit dem Campingplatz am Werdersee zusprechen kann. Was in Bremen auf jeden Fall fehlt sind die kostenlosen BBQ-Station. Da liegt Bremer Bay ganz klar vorn!
Am nächsten Morgen zögern wir, die Bremer Bay zu verlassen. Es ist traumhaft schön und wunderbar ruhig und entspannt. Irgendwie ganz anders als unsere bekannte Bucht am Werdersee. Hier fühlen wir uns total wohl und irgendwie “geborgen”. Das Gefühl ist so stark, dass wir uns versprechen, dass wir irgendwann noch einmal hier herfahren!
Auf nach Dänemark!
Von Bremen ist es nicht weit bis nach Dänemark! So wie in Europa ist es auch in Australien! Unsere Route führt weiter an der Küste entlang nach Westen. Carl bringt uns zuerst nach Albany wo wir unsere Vorräte aufstocken und am Middleton Beach parken. Hier gönnen wir Carl eine Verschnaufpause und spazieren den idyllisch gelegenen coastal walk hinauf auf die Klippen. Zwischendurch kommt die Sonne raus und beschert uns eine strahlend blaue Bucht.
Später fahren wir nach Dänemark. Nein, kein Kurztrip nach Europa. Das kleine Örtchen Denmark liegt auf unserem Weg und allein des Namens wegen müssen wir mal kurz durch den Ort fahren. Und es hat sich gelohnt! Wir parken neben einer kleinen Bäckerei, deren Pies seit Jahren regelmäßig Preise absahnen. Das testen wir natürlich mal… Mjam… lecker! Es geht doch nichts über einen leckeren Pie!
Am Nachmittag kommen wir an unserem Stellplatz für die Nacht an: Parry Beach. Der kleine Campingplatz ist ziemlich günstig und liegt fast direkt am Strand. Nur einige Dünen und Bäume bilden eine Barriere für den Blick und den Wind. Schon nach wenigen Stunden gefällt es uns so gut, dass wir uns entscheiden zwei Nächte hier zu bleiben.
Am nächsten Tag fahren wir nochmal kurz nach Denmark und holen uns zwei leckere Pies, die wir dann am Strand in der William Bay schlemmen. Die Dinger sind einfach zu lecker. Der Green Pools Strand ist traumhaft schön. Wir sind nur erstaunt, wie lange einige Menschen im Wasser bleiben können. Das Wasser ist sooooo kalt! Helge schwimmt einmal durch die Bucht zu einem aufragenden Felsen. Ich bin beeindruckt. Währenddessen reicht es mir als Erfrischung vollkommen, dass das kalte Wasser meine Beine umspült. Bin ich eine Frostbeule? Vielleicht…
Nachdem wir den ganzen Tag die Sonne genossen haben klettern wir noch über die Elephant Rocks am anderen Ende der Bucht. Auch hier ist das Wasser unglaublich klar. Es ist eine verdammt schöne Gegend hier.
Bäume klettern
Wir verlassen die Küste und folgen dem South Coast Highway nach Westen. Die Gegend um Pemberton ist bekannt für ihre riesigen Karri-Bäume. Auf die sind wir ziemlich gespannt. Nach dem Besuch in der Touristen-Info in Walpole ändern wir kurzfristig unsere Pläne und machen einen Abstecher zu den Giant Trees in Walpole und zum “Giant Tingle Tree”. Schon die Fahrt durch den dichten Wald lässt uns schnuppern. Die Luft ist erfüllt von einem ganz besonderen Waldgeruch. Der Giant Tingle Tree ist so verdammt groß, dass wir ihn nicht ganz aufs Foto bekommen… Es passt einfach nicht.
Ein weiterer Tipp der Touri-Info ist der “Diamond Tree”. Das ist einer von mehreren Giant Trees in der Gegend, die man erklettern kann. Der Diamond Tree ist 52 Meter hoch und es kostet im Vergleich zu den etwas bekannteren Riesenbäumen keinen Eintritt. Das Klettern an sich ist allerdings ziemlich abenteuerlich…
Lange Metallstangen sind im unglaublich dicken Baumstamm verankert. Auf diesen sollen wir den Baum nun erklimmen. Eine Sicherung gibt es nicht wirklich. Der Stamm mitsamt den Metallstangen ist von einem dünnen Drahtnetz umgeben. Ob das einen Sturz abfedert? Wir beschließen, dass wir nicht stürzen werden und kraxeln Sprosse für Sprosse nach oben.
Nach einer kleinen “Mittelstation” klettern wir auch noch das letzte richtig steile Stück nach oben. Die Aussicht ist umwerfend. Wir befinden uns oberhalb der Baumwipfel um uns herum. Der Wahnsinn.
Nachdem wir uns satt gesehen haben klettern wir langsam und vorsichtig wieder nach unten. Die Nacht verbringen wir in dem kleinen malerischen Ort Nannup. In einem Café erfahren wir beim Plausch mit dem Besitzer, dass wir das jährliche überregionale Musikfestival leider um eine Woche verpassen werden. An dem Datum müssen wir Carl nämlich abgeben. Tja. Man kann nicht alles haben. Doch bevor wir Carl verabschieden fahren wir mit ihm noch durch die Margaret River Region.
Augusta bis Dunsborough - Höhlen, Strand und Wellenreiten
Wir beginnen am südlichsten Punkt am Leuchtturm in Augusta. Dieser Zipfel Land bietet tolle Aussichten auf das Meer, die Klippen und Buchten. Weiter nach Norden führt uns die Caves Road zwischen unzähligen riesigen Bäumen hindurch. Hier gibt es ziemlich viele begehbare Höhlen. Viele bieten geführte Touren an. Eine Ausnahme bildet der Giants Cave.
Hier können wir alleine durch das dunkle Gestein wandern. Ausgerüstet werden wir am Eingang mit einem Helm inklusive Stirnlampe und einer weiteren Taschenlampe. Fertig sind wir zwei Höhlenforscher! Nach wenigen Stufen auf einer langen Treppe hinab in den Berg wird das Tageslicht schwächer und die Feuchtigkeit und Kälte nehmen zu.
Wir sind die einzigen Besucher und können unser Tempo frei wählen. Also erkunden wir ausgiebig die großen und kleinen Höhlen, die ineinander übergehen. Wir leuchten die Stalagmiten und Stalaktiten an, die sich nur in den seltensten Fällen vereinen. Und zwischendurch müssen wir richtig kraxeln und auf allen Vieren die Felsen überwinden und uns durch schmale Öffnungen zwängen.
Nach einer Stunde erspähen wir Tageslicht und erklimmen den letzten Felsvorsprung zum Ausgang. Wow, das war toll! Froh über die wärmende Sonne und ganz begeistert über unseren neu entdeckten Forscherdrang.
Jetzt fahren wir die Caves Road weiter zum Redgate Beach. Hier schauen wir den Surfern beim Wellenreiten zu und wollen das auch!
Am nächsten Morgen fahren wir wieder zum Redgate Beach und parken neben dem großen Bus der Surfschule von Margaret River. Matt, der Surflehrer, begrüßt uns und stattet uns mit einem Neopren-Anzug und Surfbrettern aus. Dann geht’s durch die Dünen runter zum Strand.
Nach einer kurzen Theorie des Surferns und Trockenübungen im Sand geht’s ins Wasser. Und nun werden wir ganz schön umher geworfen von den Wellen! Die Wellen sind zwar nicht hoch, doch sie haben Kraft und wir keine Balance! Also sind die ersten Stehversuche eher kurzweilig bis nicht existent. Doch dann klappt es und wir surfen tatsächlich. Auch wenn das Wasser unter uns dann nur noch knietief ist… Es ist ein tolles Gefühl und macht Spaß. Auch wenn es teilweise frustrierend ist, wenn wir unsere Position auf dem Surfboard falsch gewählt haben und deshalb zur Seite, nach vorne oder nach hinten in die Wellen fallen.
Nach knapp zwei Stunden haben wir zig Schleudergänge im Ozean hinter uns und sind entsprechend erledigt. Wir schlafen in dieser Nacht wie Babies.
Nach einigen Stippvisiten in Margaret River, Yallingup und am Meelup Beach wird es Zeit unseren treuen Weggefährten nach Hause zu bringen…
Goodbye Carl!
Nach diesen Tagen und Nächten an den wunderschönen Stränden im südlichen WA fahren wir mit Carl unsere letzte Etappe bis Perth. Auch wenn Carl nicht mehr der Jüngste ist, so haben wir uns die letzten 22 Tage verdammt wohlgefühlt in seiner Gesellschaft. Zum Abschied gönnen wir ihm noch ein Schaumbad bevor wir ihn mitten in Perth abgeben. Tschüss, Carl!
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