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Das Red Center – nervige Fliegen und gnadenlose Hitze

Nun geht’s los zum großen roten Felsen im Nirgendwo von Australien. Wir starten unsere Tour ins Red Center. Es soll verdammt heiß sein, der Sand ist rot und wir haben von nervtötenden Fliegen gehört, die einem angeblich ständig in Augen, Nase und Mund krabbeln wollen. Und wir mittendrin mit einer gebuchten 3-Tages-Tour zum Uluru, Kata Tjuta und Kings Canyon. Mal schauen…

Ein holperiger Start ins Red Center

red_center Von Perth können wir direkt nach Alice Springs fliegen. Die Stadt ist quasi der Verkehrsknotenpunkt für das Red Center im südlichen Northern Territory. Nach einer ungemütlichen Nacht auf dem Flughafen von Perth besteigen wir um kurz vor 5 Uhr morgens das Flugzeug. Wir machen es uns bequem um ein wenig Schlaf nachzuholen. Doch dann kommt eine Durchsage vom Kapitän, die uns zusammenzucken lässt: Das Flugzeug muss aufgrund eines technischen Problems umkehren und nach Perth zurückfliegen. WAAAAS? Bitte nicht! Erinnerungen an unseren diversen Flugverspätungen von Singapur nach Melbourne werden wach… Der Pilot legt nochmal nach und verkündet, dass das technische Problem unseren Flug an sich nicht beeinträchtigt. Es sei nur so, dass in Alice Springs keine Ersatzteile zur Verfügung stehen würden und deshalb Perth die einzige Möglichkeit für die Reparatur ist. Na dann glauben wir ihm mal.

Zurück in Perth dürfen wir alle im Flugzeug sitzen bleiben während draußen die Mechaniker fleißig sind. Die Stewardessen nutzen die Zeit und servieren uns das Frühstück. Nochmal auftanken. Dann noch mal Sicherheitshinweise und zweiter Versuch Abflug nach Alice Springs.

Alice Springs - red hot center

Ja, es ist heiß! Und ja, es gibt hier nervige Fliegen! Sobald wir über das Rollfeld gehen heizt uns die Sonne innerhalb weniger Sekunden auf. Einige Fliegen schwirren um unsere Köpfe herum und fangen an uns zu nerven. Unsere neue Lieblingshandbewegung ist vor dem eigenen Gesicht herumzuwedeln: die sogenannte Oz Wave… Tatsächlich versuchen die kleinen Biester in unsere Ohren zu krabbeln! Also schnell in den wartenden Shuttlebus hinein.

In unserem Hostel angekommen richten wir uns kurz ein. Da wir nur eine Nacht hier verbringen packen wir gar nicht richtig aus. Also waschen wir unsere dreckige Kleidung – die nach nicht einmal einer Stunde in der Sonne quasi express-getrocknet ist! – erfrischen uns kurz im kleinen Pool und plaudern mit einigen anderen Gästen. Das Alice Lodge Backpackers ist klein, aber fein. Wir haben uns für ein Doppelzimmer entschieden, welches nur zwei Euro teurer ist als zwei Einzelbetten im Mehrbettzimmer. Außerdem gibt es Frühstück, wlan und eine Küche zur Benutzung.

Am Abend besorgen wir uns im Supermarkt noch ein paar Zutaten um unser Abendessen zu kochen sowie ein paar Snacks für die nächsten Tage im Outback. Wir sind durch die Hitze ziemlich erledigt und haben großen Respekt davor, was für Temperaturen uns in den nächsten Tagen erwarten. Denn um 18 Uhr abends zeigt das Thermometer immer noch 37 Grad an. Im Schatten!

Das Abenteuer beginnt - oder doch nicht?

Unser Tag startet noch vor Sonnenaufgang. Wir frühstücken und bringen unsere Rucksäcke vorne an die Straße. Zum Abschied schenkt uns der Hostel-Besitzer noch zwei Netze, die wir uns als Schutz gegen die Fliegen im Outback aufsetzen sollen. Mal schauen, ob wir die brauchen. Um 5:30 Uhr kommt ein Kleinbus vorgefahren und sammelt uns zwei und eine Schwedin aus unserem Hostel für die 3-Tage Red Center Tour ein. Weitere Passagiere steigen zu, dann geht’s los. Nach etwa einer Stunde telefoniert unser Fahrer/Guide/Koch – er ist quasi alles in einer Person – mit dem Office , dass sie bitte einen neuen Bus schicken sollen. Irgendeine Lampe leuchtet auf und wir können nicht schneller als 60km/h fahren. Das geht ja gut los! Bis uns der neue Bus einholt fahren wir ohne Klimaanlage weiter. Alles, damit nur der Motor durchhält!

Uluru - wie der Ayers Rock bei den Aborigines heißt

Mit dem neuen Bus kommen wir ohne Probleme beim Uluru an. Bevor wir uns den großen roten Felsen von Nahem ansehen machen wir noch einen kleinen Abstecher ins Cultural Center. In der Ausstellung werden einige Traditionen und Regeln der Aborigines erklärt. Als wir am Uluru aus dem Bus steigen sind sie da: Fliegen. Viele. Sehr viele! Hektisch holen wir unsere Fliegennetze aus dem Rucksack. Puh! Durchatmen. Dass die Viecher sooo nervig sind haben wir uns nicht vorstellen können!!!

Fertig ausgerüstet spaziert unsere Reisegruppe von 15 Personen los. Vorneweg unser Guide Ewel. Er lebt seit zwei Jahren in Alice Springs und kennt den Uluru und das Red Center ziemlich genau und auch die verschiedenen Geschichten der Ureinwohner Australiens. Die Aborigines haben für alle wichtigen und heiligen Orte eine Entstehungsgeschichte, die erklärt, warum irgendwo ein Fluss, Felsformationen oder eine Wasserstelle entstanden ist. In den meisten Fällen sind die Sagen mit Tierwesen und deren Kämpfen oder Erlebnissen verbunden. Die Details können wir zwei Kulturbanausen uns leider nicht merken… Zu beeindruckt sind wir vom Uluru und den Farben der Landschaft um uns herum.
Als wir unseren Spaziergang auf dem Base Walk des Uluru beenden erleben wir eine böse Überraschung. Eine Fensterscheibe am Bus ist eingeschlagen. Überall liegen Glassplitter. Und der Rucksack von James fehlt! Mit unserem zweiten Bus haben wir anscheinend auch kein Glück. James ist allerdings froh, dass er aus irgendeiner Laune heraus seinen Reisepass vor dem Ausflug in seine Hosentasche gesteckt hat. Außer einem Paar Socken und knapp 10 Dollar Bargeld war nichts im Rucksack. Glück gehabt! Ewel ruft also wieder im Office an, dass wir einen neuen Bus brauchen… Heute Abend soll der Bus ankommen. Drei mal ist Bremer Recht? Mit dem dritten Bus klappt dann hoffentlich alles…

Schlafen unter freiem Himmel

Für den Sonnenuntergang fahren wir zu einer Aussichtsplattform. Wie viele andere Reisegruppen auch… Der Uluru ist eben kein Geheimtipp sondern ein Touristenmagnet. Leider schieben sich ein paar Wolken vor die Sonne und wir haben nur wenige Minuten um den Farbwechsel am Uluru zu genießen.
Nach dem Abendessen fahren wir zum Campingplatz und rollen unsere Swags aus. Swags sind quasi sehr große Schlafsäcke aus einem sehr festen und robusten Gewebe mit einer dünnen Matratze darin. In meinem Swag finde ich noch ein paar Dinge von der Person, die zuvor darin geschlafen hat. Anscheinend eine Kanadierin. Das offenbart zumindest des kleine Lederetui mit dem kanadischen Ausweis einer Frau sowie einer Kreditkarte! Weitere Fundstücke sind eine 5-Cent Münze und ein Fliegennetz. Das Netz gebe ich direkt an unsere schwedische Mitreisende weiter. Sie hat leider kein Fliegennetz und ist froh endlich auf die Oz Wave verzichten zu können.

Wir breiten unsere dünnen Hüttenschlafsäcke im Swag aus und machen es uns gemütlich. Über uns zeigt sich der Sternenhimmel und die Milchstraße in voller Pracht. Es ist immer wieder schön zu sehen, was alles am Nachthimmel sichtbar wird, wenn die künstlichen Lichtquellen der Umgebung fehlen. Wir schlafen selig ein.

Als wir aufwachen hat sich über uns nicht viel verändert. Die Sterne leuchten am dunklen Himmel. Frühstücken im Dunkeln, denn wir wollen nochmal zum Uluru um dort die Sonne aufgehen zu sehen. Die kurze Nacht hat sich gelohnt!

Kata Tjuta - viele Köpfe im Red Center

Jetzt fahren wir tiefer hinein in den Uluru-Kata-Tjuta-Nationalpark. Unser Ziel sind die Kata Tjuta – die sogenannten Olgas. Das sind 36 Berge unterschiedlicher Größe. Der Name rührt daher, dass der aus England stammende Entdecker sich seinen württembergischen Förderern verpflichtet fühlte und die Berge nach der Königin Olga von Württemberg benannte. Der eigentliche Name Kata Tjuta bedeutet bei den Aborigines “viele Köpfe”.

red_center Es ist gut, dass unser Tag schon so früh begonnen hat. Denn so können wir bereits um 8 Uhr morgens auf dem über sieben Kilometer langen Wanderweg um die Olgas und durch das Valley of the Winds starten. Der Grund für unsere „Eile“ am Morgen sind die Temperaturen. Dieses Tal erhitzt sich im Laufe des Tages so enorm, dass der Wanderweg besonders im australischen Sommer häufig ab 11 Uhr gesperrt ist. Das ist immer dann der Fall, wenn es um die Uhrzeit 36 Grad oder noch wärmer ist.

Bei solchen Temperaturen ist es zu gefährlich für die Wanderer, dass sie dehydrieren. Sogar, wenn sie genug Wasser dabei haben. Denn es gibt keinen Schatten und der Körper würde durch die Hitze und Anstrengung zu schnell zu viel Flüssigkeit verlieren.

Deshalb gilt auch früher am Tag: 3 Liter Wasser pro Person! Denn wir werden etwa drei Stunden unterwegs sein. Zwei Mädels aus unserer Gruppe wollen nur ihre angebrochen 1-Liter-Flaschen tragen. Ewel macht ihnen klar, dass sie dann nicht mit dürfen und dass es um ihre eigene Gesundheit geht. Nach kurzer Diskussion nehmen sie widerwillig ihre 3 Liter mit.

Die Wanderung durch das Valley of the Winds ist relativ einfach. Nur das letzte Stück hoch zum Aussichtspunkt ist ziemlich steil und spätestens hier schwitzen wir wie die Weltmeister.
Die 3 Liter pro Person haben wir zwar nicht ganz gebraucht, doch wir haben lieber zu viel als zu wenig Wasser dabei. Nach der Tour wird unsere Reisegruppe etwa um die Hälfte reduziert. Einige Teilnehmer haben nur eine 2-Tages-Tour gebucht. Für uns acht Verbliebene geht die Fahrt weiter Richtung Kings Canyon.

Kamele in Australien?

Auf dem Weg zum Kings Canyon drosselt Ewel plötzlich das Tempo. Am Straßenrand steht ein großer Reisebus halb im Graben. Die Frontscheibe ist vollkommen zersplittert und die Karosserie eingedrückt! Auf der anderen Straßenseite sehen wir den Grund des Unfalls liegen: Ein Kamel. Den Zusammenstoß mit dem Reisebus hat es leider nicht überlebt.

red_center Während wir langsam weiterfahren erzählt Ewel uns von der Geschichte der Kamele in Australien. Vor langer Zeit wurden Kamele als Lasttiere aus Afghanistan nach Australien gebracht. Die Tiere wurden eigentlich nur im Red Center gehalten. Denn hier sind die Temperaturen so hoch und die Bedingungen so hart, dass Kamele die einzigen Tiere sind, die dem gewachsen sind. Diese Zeiten sind lange vorbei, doch die Kamele sind geblieben und leben jetzt in freier Wildbahn hier. Wie zur Bestätigung sehen wir plötzlich wieder einige Kamele am Straßenrand. Dieses Mal zum Glück lebend.
red_center Am Abend sitzen wir am Lagerfeuer während unser Essen auf dem Feuer vor sich hin köchelt. Der Topf (Dutch Oven oder auch Dopf) steht tatsächlich mitten in den Flammen. Es gibt Chili mit Kartoffeln und Möhren und ein selbst gebackenes Brot. Der Teig für das Brot ist frisch aus Mehl, Bier und Kräutern zusammengeknetet. Ziemlich lecker!

Satt und zufrieden rollen wir wieder unsere Swags aus und lassen die Milchstraße über uns auf uns wirken. Hach… mehr brauchen wir nicht. Diese Nacht gibt’s gratis noch das Geheul von ein paar Dingos dazu. Helge versteckt seine Schuhe noch schnell im Swag.

Der Kings Canyon

Früh aufstehen können wir inzwischen ganz gut. Heute ist es sogar 4 Uhr! Eine Stunde später ist Abfahrt zum Kings Canyon. Es ist noch dunkel und wir stiefeln im Schein der Sterne und des Mondes (und unserer Stirnlampen) den felsigen Weg nach oben.

red_center Der Sonnenaufgang entschädigt mal wieder für die kurze Nacht. Es ist wunderschön zu sehen, wie die Sonne den Himmel und die Farben der Felsen verändert. Leider kommen mit der Sonne auch wieder die nervigen Fliegen zurück. Nur für die Fotos nehmen wir die Netze ab. Schließlich wollen wir unsere Gesichter auch mal auf den Fotos sehen. Ihr glaubt nicht, wie schnell wir inzwischen darin sind uns die Netze wieder aufzusetzen!

Die Rundwanderung durch den Kings Canyon ist unglaublich abwechslungsreich. Einerseits wandern wir am Rand des Canyons entlang und andererseits steigen wir bis auf den Grund zum “Garden of Eden” – einer Wasserstelle, die viele Tiere im Sommer die letzte Chance auf Wasser bietet.
Nach etwa vier Stunden beenden wir zwei die 3-Tages-Tour in Kings Creek. Hier vertreiben wir uns die Zeit mit einem erfrischenden Sprung in den Pool bis der Reisebus uns abholt und nach Yulara bringt. Dort verbringen wir die letzte Nacht im einzigen Hostel bis wir am nächsten Morgen nach Brisbane fliegen und der Hitze des Red Center entfliehen. Nach drei Tagen hier kommt unsere Haut mit den Temperaturen nicht mehr klar und wird ganz rissig. Trotz Bodylotion. Gegen diese Temperaturen kann man einfach nicht gegenan eincremen.

Eine Reise in die Vergangenheit

Der Ausflug in das Red Center von Australien war auch eine Zeitreise. Musikalisch gesehen. Denn der Sound im Bus bestand aus einem irren Mix der 80er und 90er. Alles war dabei: Eye of the tiger, 99 Luftballons von Nena (ja, auf Deutsch!), die Spice Girls, AC/DC und der Evergreen des Autofahrens lief natürlich auch: Bohemian Rhapsody von Queen. Allerdings nur in Mono, weil die Lautsprecher im Bus nur eine Tonspur wiedergeben… Naja, irgendwas ist immer.

Fazit

Wir haben uns für eine gebuchte Tour entschieden und es war mal ganz angenehm sich nicht jeden Tag um die alltäglichen Dinge (wo Lebensmittel einkaufen, was als Essen kochen, wo übernachten) kümmern zu müssen. Der einzige Nachteil ist der feste Zeitplan. Einerseits ist der natürlich notwendig um alle Orte besichtigen zu können, andererseits fehlt der Spielraum um nach dem persönlichen Geschmack an einem Ort länger zu bleiben als woanders.

Abgesehen davon, dass wir eine Tour gebucht haben war die Landschaft extrem beeindruckend! Es ist ein bisschen das „Abhaken“ der gängigen Touristenziele, doch das gehört eben manchmal dazu. Am besten gefiel uns der Kings Canyon. Die Wanderung ist vom Schwierigkeitsgrad her relativ einfach und die Landschaft sehr abwechslungsreich. Den Kings Canyon würden wir dem Uluru und den Olgas auf jeden Fall vorziehen, wenn wir uns zwischen den dreien entscheiden müssen!

Habt ihr auch mal eine Tour durch das Red Center Australiens gebucht? Oder habt ihr den Uluru und Co. auf eigene Faust erkundet? Was sind eure Erfahrungen? Was würdet ihr empfehlen?

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